“Wollen Sie ein unerwünschtes Risiko?”

Meistens besteht meine Arbeit in der Anwendung von erlerntem Wissen, um Kunden zu helfen. Manchmal darf ich aber auch Kollegen helfen. Oft geschieht dies auf deren eigenes Betreiben hin, weil sie mich bei bestimmten Sachverhalten wohl als Experten wahrnehmen (vielen Dank dafür! ^^) und da bin ich natürlich sehr gerne behilflich. Immerhin brauche ich ja auch selbst mal ab und zu Hilfe! Ganz selten muss ich aber auch anderen “Kollegen” Nachhilfe geben. Dann nämlich wenn sie meinen Kunden ganz abenteuerliche Tipps/ Ratschläge/ etc geben. So auch heute geschehen: Ein Kunde hat mich mit der Eindeckung eines …sagen wir mal neutral… unerwünschten Risikos (2 Verträge) beauftragt, das bereits bei einem anderen Versicherungsmakler zu nachteiligen Konditionen eingedeckt war. Diesen Auftrag habe ich innerhalb von ein paar Tagen mit einem recht erfreulichen Ergebnis (bessere Leistungen, 20% Ersparnis) erfüllen können. Nun hätte nur noch der andere Kollege diese Verträge freigeben sollen, um einen langwierigen Streit zwischen Kunde, Versicherung und ihm zu vermeiden. Diese Möglichkeit habe ich nämlich vorher mit dem aktuellen Versicherer (Danke schön an den zuständigen Abteilungsleiter für die Kulanz!) ausgehandelt.

Der Kunde hat dies dann zusammen mit der unangenehmen Nachricht, dass er die Verträge aufheben lassen möchte, dem anderen Versicherungsmakler mitgeteilt. Dieser hat dann natürlich nicht besonders begeistert reagiert und gleich meine Lösung in Frage gestellt. Gut, das kann er gerne. Immerhin gefiel mir seine Leistung ja auch nicht. Als der Kunde ihn ein paar Tage nicht dazu bringen konnte, die Verträge aufheben zu lassen (es wäre nur ein Anruf gewesen), hat er mich gebeten, mit dem Kollegen zu reden. Gern erfüllte ich ihm diesen Wunsch. Das Telefonat verlief dann in dieser Art ab:

*Gegenseitige Vorstellung*
*Anliegen*
Er: Sie müssen wissen, dass ich bei dem gleichen Versicherer XXX für dieses Risiko eine Absage erhalten habe! Wenn Sie es dort eindecken, dann gibt es Probleme.
Ich: Klar. Danke schön für die Mühe. Spricht aus Ihrer Sicht etwas dagegen, die Verträge freizugeben?
Er: Nein. Ich hoffe, Sie wissen was Sie bei dem Kunden tun!
Ich: Ja. Danke schön für Ihren Hinweis.
Er: …oder eine gute Vermögensschadenhaftpflicht!
Ich: Ja, das auch. Schönen Tag noch

Aufgrund des pampigen Verhaltens habe ich es dann unterlassen, ihm Nachhilfe zu geben. Wenn er freundlich mit mir umgegangen wäre und einfach gefragt hätte, ob er nicht etwas übersehen hat, wäre meine Antwort wohl diese gewesen:

Lieber Hr. …,

Sie haben bisher sehr gute Arbeit geleistet und mit viel Mühe ganz viele Versicherer abtelefoniert, bevor Sie diese beiden Verträge eingedeckt haben. Was Sie jedoch übersehen haben: Es gilt seit mittlerweile 5 Jahren ein neues Versicherungsvertragsgesetz (VVG). In diesem “brandneuen” VVG gibt es einen interessanten § 19:

§19 VVG

Genau hier liegt der Hund begraben. Während Sie nach dem alten VVG vor 2008

§ 16: (1) Der Versicherungsnehmer hat bei der Schließung des Vertrags alle ihm bekannten Umstände, die für die Übernahme der Gefahr erheblich sind, dem Versicherer anzuzeigen. Erheblich sind die Gefahrumstände, die geeignet sind, auf den Entschluß des Versicherers, den Vertrag überhaupt oder zu dem vereinbarten Inhalt abzuschließen, einen Einfluß auszuüben. Ein Umstand, nach welchem der Versicherer ausdrücklich und schriftlich gefragt hat, gilt im Zweifel als erheblich.

gearbeitet haben und allen Versicherern das unerwünschte Risiko mitgeteilt haben, habe ich nach dem “neuen” §19 VVG gearbeitet und darauf geachtet, welcher Versicherer denn überhaupt danach fragt. Dieser Versicherer bei dem ich die beiden Verträge schließlich eingedeckt habe, hat nicht danach gefragt. Als Sie ihm allerdingst ungefragt anboten, das unerwünschte Risiko zu tragen, lautete seine Antwort NATÜRLICH: Nein. Da ist meine Vorgehensweise deutlich zeitgemäßer und eleganter – das empfehle ich Ihnen auch für die Zukunft! Als Versicherungsfachwirt sollte Ihnen das ja bekannt sein, sonst müsste wohl bald Ihre Vermögensschadenhaftpflicht einspringen. Ja, und bitte sehr – gern geschehen! Immerhin hab ich Sie vor einem Vermögensschaden gerettet.

Selbstverständlich verstehe ich die Sorge des Kollegen um den Kunden. Es könnte ja was passieren. Immerhin hat er bei ihm zahlreiche weitere Verträge… hehe

Naja. Später am Nachmittag ist der Makler dann bei dem Kunden aufgetaucht und hat ihm die Kündigungsbestätigung vorbeigebracht. Zusammen mit Versicherungsbedingungen, die seine Sicht der Dinge bestätigen. Natürlich waren diese bezeichnenderweise auch falsch interpretiert ^^

Tipp: Geben Sie alles an. Aber nur wenn danach gefragt wird!

Mit klugscheißenden Grüßen,
Wladimir Simonov

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